Qualitätsmanagement?
Qualitätsmanagement, das häufig als bürokratisches Übel gesehen und die Tasks daraus verwünscht werden, spielt eine entscheidende Rolle in der Unternehmensführung und kann unser aller Arbeitsalltag nicht nur erleichtern, sondern verbessern.
In diesem Blogbeitrag werfen wir einen kurzen Blick auf den Status Quo von Qualitätsmanagement, der in vielen Köpfen von Menschen in der Wirtschaft existiert und werden uns auch ansehen, was sich hinter dem Konzept Qualitätsmanagement tatsächlich verbirgt.
Eigentlich ist dieser Beitrag für jede:n (angehende:n) Qualitätsmanager:in, Qualitätsbeauftragte:n, Führungskraft und Person mit Interesse an Verbesserung im Unternehmen ein Must read, um ein richtiges Bild von Qualitätsmanagement im Kopf zu bekommen.
Das Kreuz mit dem Qualitätsmanagement
Mir fällt seit vielen Jahren auf, dass in zahlreichen Unternehmen – quer durch verschiedene Branchen und Unternehmensgrößen – Qualitätsmanagement als Sammelsurium folgender Aspekte gesehen wird:
- Massen an seitenlangen Vorgabedokumenten (oft noch in PDF oder gesperrten Exceldateien) oder
- die Summe von Wissensdatenbanken, Wikis, Softwaresystemen, etc.
- Geschäftsprozesse in allen Formen (von völlig starr und unflexibel bis zu nichtssagend und allen Freiheiten ermöglichend) und Farben (hoch lebe Visio. Oder doch vielleicht eine der vielen Softwaretools dafür?)
- Eine lästige, aber nötige (wirklich nötig?) Qualitätspolitik, die zumeist im Intranet zu finden ist. Manchmal auch in Besprechungsräumen (neben den Unternehmenswerten oder Besprechungsleitlinien) an der Wand aufgehängt.
- Ab und an kommen dann auch diese mühsamen internen Audits, wo Fragen gestellt werden, die für das Kerngeschäft überhaupt nicht sinnvoll erscheinen (und dann wollen diese eigenartigen Menschen (auch Auditor:innen genannt) auch noch Nachweise dafür sehen, was man ihnen doch erst erklärt hat?!)
- Damit verbunden auch das Qualitätsteam: wollen immer etwas, manchmal auch Neues und man versteht einfach nicht, was sie von einem wollen. Naja und das QM-Team versteht auch nicht, dass es im Tagesgeschäft nicht stören soll.
- Tja, und zusätzlich gibt es hin und wieder auch noch Besuch von der Zertifizierungsstelle (in manchen Branchen auch von Kunden). Oh Mann, und das, ja genau das ist dann aber echt anstrengend. Wochen zuvor läuft das Qualitätsteam selbst im Kreis und versucht Termine mit allen Kolleg:innen aus dem Unternehmen, die am Audit teilnehmen werden, zu finden, um mit ihnen abzustimmen, was gefragt wird, zu prüfen ob alles da ist…ja und dann sind noch so viele Dokumente auf Stand zu bringen, Schulungs- und andere Unterschriftenlisten nachzuholen und abzulegen, ad hoc Schulungen noch durchzuführen…puh. Nur für das kurze Auditgespräch. Naja, aber immerhin – danach kann es ja weitergehen wie zuvor.
Die Entwicklung von Qualität
Die Geschichtsstunde, dass Qualität im Kern bereits seit der Antike existiert, lasse ich jetzt etwas aus. Aber wer sich auch hier gerne vertiefen möchte, hier kann man mehr darüber erfahren: https://www.tuv-akademie.at/produkt/erfolgreich-als-qualitaetsbeauftragter
Wir versetzen uns jetzt gut 200 Jahre in die Vergangenheit: Ende des 18./Beginn des 19. Jahrhunderts
1. Phase: Mechanisierung
2. Phase: Massenproduktion und Elektrifizierung
Mitte des 19. Jahrhunderts (ab ca. 1840) bis Beginn des 20. Jahrhunderts nahm die Technologisierung seinen weiteren Fortschritt: die Elektrizität wurde entdeckt, der Verbrennungsmotor erfunden, das Fließband entwickelt und neue Massenproduktionsverfahren wurden kreiert.
Mit den neuen technologischen Möglichkeiten waren plötzlich auch bisher noch nie dagewesene Produktionsmengen und -abläufe möglich.
Allerdings war man da auch nicht mehr ganz so alleine als Anbieter, sondern der Mitbewerb nahm auch etwas zu. Darüber hinaus, wann geht es denn nicht um’s Geld, hat man auch bemerkt, auch wenn die Maschinen mehr und schneller können, heißt das nicht zwingend, dass das Endprodukt auch besser ist, sondern die Wahrscheinlichkeit, dass in der Massenproduktion Fehler auftreten steigt.
Somit war das Konzept der Qualitätskontrolle am Ende nicht mehr ausreichend, es wurde etwas Neues benötigt. Der große Sprung war: neben den Endkontrollen, musste auch im laufenden Prozess systematisch bewertet und kontrolliert werden. Die Qualitätssicherung war geboren.
3. Phase: Automatisierung und Elektronik
Mitte des 20. Jahrhunderts, ab ca. 1950 bis in die 1970er-Jahre hinein fand die nächste bahnbrechende Welle des technologischen Fortschritts statt: es gab erste Computer (außerhalb der Anwendung im 2. Weltkrieg), Roboter und auch ganz neue Materialien (Kunststoffe) wurden erfunden.
Hier hielt sich natürlich Qualitätskontrolle, aber vor allem auch die Qualitätssicherung stark. Je höher die Taktzahlen und desto schneller und effizienter die Produktion, desto besser mussten die Prozesse selbst auch begleitet werden, um Ausschuss zu verringern und Kosten zu optimieren.
4. Phase: Digitalisierung
- Gutes Unternehmensimage: man kauft doch nicht bei jedem?!
- Energieeffizienz
- Keine Kinderarbeit, bringe dich an deinen Wirkungsorten für die Gesellschaft ein, behandle deine Mitarbeiter fair und gut, etc. (soziale Nachhaltigkeit)
- Setze dich für Klimaziele ein, reduziere deinen CO2-Fußabdruck, berücksichtige Energieeffizienz auch bei deinen Anlagen, etc. (ökologische Nachhaltigkeit)
- Deine Entscheidungen sollen nicht nur kurzfristige Gewinne maximieren, sondern auch langfristige Folgen für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft berücksichtigen, setze Ressourcen effizient und sparsam ein, etc. (ökonomische Nachhaltigkeit)
- Natürlich muss der Lieferant alle rechtlichen Rahmenbedingungen einhalten
- und vieles mehr.
Aber, was ist nun Qualitätsmanagement?
- Ein Unternehmen als System so zu gestalten, dass vorausschauend effizient (oder auch ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig) plant, um wettbewerbsfähig hohe Qualität bei den Kunden abzuliefern
- Ein System zur fortlaufenden Verbesserung zu gestalten, das es ermöglicht unter Veränderung der äußeren Unternehmensumwelt sich dennoch weiterzuentwickeln und gleichzeitig am Markt konkurrenzfähig zu bleiben und
- Alle Bereiche (operativ, administrativ, steuernd und unterstützend) so zu integrieren, dass das Unternehmen als sinnvolles Ganzes gesteuert wird. Denn bei Vernachlässigung von einzelnen Bereichen, wirken sich die Wechselwirkungen daraus negativ aus (insbesondere auch im operativen Bereich).
Fazit: Was bleibt jetzt noch zu sagen?
Das Wichtigste zu Beginn: wie du jetzt erkennst, Qualitätsmanagement ist keine eigennützige Erfindung, um Menschen mit Ordnungswahn oder einem gewissen Maß an Neurotizismus zu beschäftigen.
Das gesamte Konzept rund um Qualität hat sich entlang der technologischen Entwicklung, die die Basis für unsere Wirtschaft bildet, aufgebaut.
So sind Qualitätskontrolle, -sicherung und -management dazu da, die Wettbewerbsfähigkeit, Effizienz und Kundenzufriedenheit von Unternehmen zu ermöglichen und zu verbessern.
Was leider noch bleibt: viele Unternehmen sind in der Denkweise der Qualitätssicherung hängen geblieben und erkennen denn Sinn und Mehrwert durch die Erweiterung von Qualitätsmanagement (noch) nicht.
Genau das führt in der Praxis jedoch zu vielen Mehrgleisigkeiten, Ineffizienzen, Doppelarbeiten, langwierigen ineffizienten Meetings, Papierbergen, lähmenden Systemen und vor allem auch Unklarheit und Frustration.
Wir haben hier aber auch nur einen Streifzug der Entwicklung zum Konzept Qualitätsmanagement gemacht. Was die aktuellen Entwicklungen rund um künstliche Intelligenz und steigender Digitalisierung für Qualitätsmanagement und Unternehmen bedeuten, haben wir noch nicht beleuchtet – dazu wirst du demnächst einen gesonderten Blogbeitrag finden.